KOLLEKTIV KRÖNLIHALLE
Studio Willen
Innenansicht einer Sitzecke

Die Krönlihalle Bar war gleichzeitig begehbare Skulptur und funktionierende Bar. Sie war im März 2015 in einer ehemaligen LKW-Garage in Zürich West installiert. Mit ihrem Massstab von 0.85 : 1.00 war sie vor allem eine Hommage an das Original, die legendäre Bar der Kronenhalle in Zürich. 

Im Fokus der Krönlihalle Bar stand das Spiel mit der Betrachtungsweise und Wahrnehmung des Besuchers: durch die Verwendung «falscher» Materialien und Grössenverhältnisse wurde die Kronenhalle Bar an der Rämistrasse in Zürich mit billigsten Materialien als Trompe-l’oeil temporär und in verkleinerter Form nachgestellt und geografisch in eine vom Umbruch gezeichnete Umgebung verschoben. Durch die Umsetzung als Raum im Raum wurde dem Besucher sein Aufenthaltsort erst wieder ins Gedächtnis gerufen, als er den Raum verliess und sich in der mit Neonlicht beleuchteten LKW-Garage befand. Das ikonenhafte Original wurde teils bis ins Detail kopiert, teils interpretiert und reduziert, dass es auf den ersten Blick real, bei genauerer Betrachtung aber irritierend erschien. Die Ausstellung wurde bewusst zeitlich begrenzt, um die Besucher mit der Vergänglichkeit des Projektes zu konfrontieren und sie am Zerfall des Projektes zu beteiligen. 

Aufgrund ihres ephemeren Charakters sowie der Spielereien mit Material und Massstab könne man die Krönlihalle Bar mit einer utopischen Dimension verbinden, so das sechsköpfige Kollektiv des Projekts. Die Begriffe ‘Nichtort’ und ‘glücklicher Ort’ seien genau die zwei Komponenten, die die Seele der Krönlihalle verkörpern: Ein temporärer Ort, in dem man eine gute Zeit verbringen kann.

Studio Willen
Blick in die LKW-Garage mit der Bar als Raum im Raum

Welche Bedeutung hat das Konzept von UTOPIA im Rahmen eurer Praxis, Methoden und Strategien?

Beziehen wir die «Krönlihalle Bar» konkret auf das Wort Utopia, gibt es inhaltliche, sowie ethymologische Übereinstimmungen: Die im Englischen gleich klingenden Wörter «Outopia» («Nichtort») und «Eutopia» («glücklicher Ort»), welche dem Begriff «Utopia» zu Grunde liegen, treffen beide den Kern des Projektes «Krönlihalle Bar»: Die geografische Verschiebung, Verkleinerung, das Spiel mit den Materialien und vor allem der temporäre Charakter des Projekts, machen es zu einer Art «Nichtort». Andererseits ist eine Bar (im Idealfall) ein «glücklicher Ort», an dem man eine gute Zeit verbringt.

Véronique Hoegger
Getränkeuntersetzer: gestempelt

Utopia kann als mentale Konstruktion eines idealen Systems oder als Modell der Zivilgesellschaft verstanden werden. Wie seht Ihr die Rolle der kreativen Praxis in dieser Hinsicht? Oder anders gefragt: Kann Design Gesellschaft verändern?

Im Falle unseres Zusammenarbeitens als Kollektiv, kann man tatsächlich von einem idealen und sehr sozialen System sprechen. Jedes Mitglied des Kollektives war absolut gleichberechtigt und konnte jederzeit Veto einlegen. Über gemeinschaftliche Entscheide wurde demokratisch abgestimmt. Da wir alle aus verschiedenen Berufszweigen kommen, hat jede und jeder sein spezifisches Wissen mit in das Projekt gebracht und hat vom jeweils anderen viel lernen können. Nicht das Monetäre, sondern das gemeinsame Stemmen des Projektes stand immer im Vordergrund. Jede Partei steuerte dem Projekt eine gleiche Summe bei, die während des laufenden Projektes zurückgegeben werden konnte. Jeder Franken, der über diese Summe generiert wurde, floss ausschliesslich in die Dokumentation des Projektes ein.

Was inspiriert euch? Gibt es Manifeste, Publikationen oder Denker, die eure Arbeit oder Einstellung beeinflusst haben?

Hier muss sicher Robert Haussmann genannt werden, ohne dessen wunderschöne Kronenhalle Bar unser Projekt keine «Vorlage» gehabt hätte. Ebenso die spätere Arbeit der «Allgemeinen Entwurfsanstalt» (mit Trix Haussmann), die sich ebenfalls mit Spielereien von Material und Massstab auseinandergesetzt hat.

Mirjam Kluka
Kollektiv Krönlihalle: Christoph Menzi, Andrea Münch, Markus Läubli, Seraina Borner, Thomas Stächelin, Barbara Brandmaier

Mehr über die Dokumentation des Projekts hier.