Patrizia Crivelli vor Halle 4 auf der Builder‘s Bench von Sebastian Marbacher.

Wochen und Monate intensiver und inspirierender Vorbereitung der neuen und diesjährigen Ausgabe der Swiss Design Awards liegen hinter ihr. Heute ist es soweit und das Bundesamt für Kultur präsentiert der Presse die Preisträgerinnen und Preisträger. Am kommenden Montag eröffnet sie die Ausstellung gemeinsam mit den Swiss Art Awards und am Dienstag wird sie gemeinsam mit der Jury die begehrten Preise offiziell übergeben. Bereits seit mehr als 20 Jahren begleitet und koordiniert Patrizia Crivelli, stellvertretende Leiterin der Sektion Kulturschaffen, und Zuständige für die Designförderung beim Bundesamt für Kultur, den traditionsreichen Schweizer Designpreis.

Wir treffen Patrizia Crivelli in mitten der imposanten und facettenreichen Schau zeitgenössischer Designpraxis, die nebst den 20 ausgezeichneten Positionen auch die weiteren 29 Projekte dem Publikum präsentiert, die von der Jury aus 252 eingereichten Dossiers für die zweite Runde ausgewählt wurden. Die Ausstellung zeigt zudem drei weitere Protagonisten aus der schweizer Designszene: Alfredo Häberli, Erich Biehle und Wolfgang Weingart – die Preisträger des Grand Prix Design 2014.

Der Swiss Design Award im Kontext der Designförderung in der Schweiz….

Der Swiss Design Award oder Schweizer Designpreis ist bei weitem der älteste Designpreis der Schweiz. Seit 1918 wird er jährlich verliehen. Sein Partner und Gegenüber ist der Design Preis Schweiz in Langenthal, der seit 1991 verliehen wird. Dieser richtet sich eher an der wirtschaftlichen Komponente der Designpraxis aus. Um es griffig zu formulieren, er prämiert Produkte, wir prämieren Menschen und ihre Werke. Aber beide Preise arbeiten eng zusammen, auch um dem Publikum und den Teilnehmern die unterschiedlichen Ausrichtungen deutlich zu machen, und was wo angeboten wird. Man muss uns als Dienstleistende sehen, die Designschaffenden der Schweiz sollen wissen, wo sie sich für was bewerben müssen.

… die diesjährigen Ausgabe ….

In diesem Jahr gibt es viele junge Teilnehmer. Und überraschend wenige über 40, obwohl wir nun schon in der dritten Ausgabe des Preises sind, seit dem die Altersgrenze (bis 40 Jahre) aufgehoben wurde. Das ganz große Feld der Teilnehmer dieses Jahr bewegt sich zwischen 30 und 40. Die Schweizer Designpreise prämieren vor allem Innovationen, und fördern den experimentellen Charakter im Designprozess. Dies ist vielleicht leichter im Vergleich zum Designpreis Schweiz, der ein Produkt prämiert, das auf dem Markt bestehen muss, oder der einem Prototyp dabei hilft, den Schritt auf den Markt zu machen. Obwohl, wenn man sich hier umschaut hat man ja in einigen Fällen auch prämierte Positionen, die sich am Markt bereits behaupten. „Auf dem Markt angekommen“ wäre zum Beispiel BIG-GAME, die mit japanischen Herstellern zusammenarbeiten, und deren Produkt wir hier zeigen. Sie sind unter den 20 preisgekrönten Positionen. Ihre Designstücke werden bereits produziert und verkauft. Dann gibt es auch Carlo Clopath, der sehr filigrane Ess- und Kochgeräte produziert, die kurz vor dem Markteinstieg stehen und diesen Juli lanciert werden. Übrigens auch mit einem japanischen Hintergrund. Es ist dieses Jahr vor allem sehr experimentell, was uns in der Ausstellung begegnet – vor allem in der Mode: die Arbeiten von Flaka Jahaj oder Stéphanie Baechler, und Julian Zigerli, Portenier Roth und Sandro Marzo, die ja schon auf dem Markt erfolgreich angekommen sind.

Der Preis….

Ein Preisgeld von 25´000 CHF zu erhalten macht in bestimmten Bereichen der Designpraxis einen großen Unterschied. Im Bereich Grafik Design kannst du damit viel anfangen. Im Bereich Mode- und Textildesign hingegen musst du eigentlich viel mehr Geld in die Hand nehmen, um eine Kollektion vor zu produzieren. In der Mode geht man eigentlich immer in Vorleistung, bevor man dann irgendwann Gewinn macht. Eine Preisauswahl für die Gewinner (Geldbetrag von CHF 25‘000, 6-monatiger Aufenthalt in renommiertem Büro oder freier Atelieraufenthalt im Ausland) gibt es ja erst seit 12 Jahren. Das war eine gute Entscheidung des BAK, diese Optionen zu erweitern und anzubieten. Viele meinen, es seien nur die Jungen, die nach New York gehen. Das ist aber aber gar nicht so. Auch die renommierteren Designer wählen diese Option, verschwinden mal für einige Zeit aus ihrem Tagesgeschäft und können sich dann dort in Ruhe in ihren Experimentierfeldern bewegen. Und das geht nur, weil ja alles bezahlt ist. Über die letzten Jahre hat sich das Programm in New York entwickelt und etabliert: Wir haben immer wieder dieselben Wohnungen, die selben Ateliers, die Preisträger veranstalten mittlerweile ein eigenes Programm wie die Graphic Talks und ich sehe immer mehr Posts und Kommentare von ihnen und ihrem Publikum. Und auch von New Yorkern höre ich, die Schweizer Grafik rezipieren und in ihre Arbeit Einfluss nehmen lassen, besser kann es nicht sein!

…Der Schweizer Grand Prix Design… und die diesjährigen Preisträger…

Im Gegensatz zu dem Swiss Design Awards kann man sich für den Schweizer Grand Prix Design nicht bewerben. Der Preis wird jedes Jahr an drei namhafte Designerinnen und Designern vergeben, deren Werk im nationalen und internationalen Kontext die Qualität und Relevanz Schweizer Designpraxis repräsentiert und hervorhebt. Jedes Mitglied der Eidgenössischen Designkommission kann je 2 bis 3 Vorschläge machen, die dann mit einem Dossier argumentiert werden. Insgesamt kommt man also höchstens auf 21 Vorschläge, die dann zusammenfinden müssen. Und dieses Zusammenfinden, das ist den meisten nicht klar, leuchtet aber total ein, muss mit dieser Dreierkombination spielen. Manchmal haben sie etwas miteinander zutun, oft aber auch nicht wirklich. In diesem Jahr sind es Wolfgang Weingart, Schweizer Typograph; dann jemand, von dem ich behaupte, dass das Publikum ihn erst jetzt so richtig kennen lernt: der Textildesigner Erich Biehle. Und als dritter, Alfredo Häberli, ein junger Preisträger für den Schweizer Grand Prix Design eigentlich. Aber er hat bereits jetzt schon ein herausragendes Werk geschaffen und übt einen großen Einfluss auf das Schweizer Produktdesign aus.

…drei Preisträger mit einem eher internationalen Hintergrund und / oder Charakter…

Auf jeden Fall, das war früher schon so und heute ist das noch eklatanter! Vor allem bei den Swiss Design Awards: es gibt viele Designerteams, die international zusammen arbeiten und kooperieren. Der Wettbewerb muss offen sein für solche Gruppierungen und Kollektive. Es darf nicht nur allein „schweizerisch“ sein, daher haben wir die Regeln absichtlich so angepasst und geöffnet, dass auch solche Gruppen teilnehmen können.

…die Swiss Design Awards in Basel und zur ArtBasel…und gemeinsam mit den Swiss Art Awards…

Den Ausschlag zu Verlegung der Ausstellung von Zürich nach Basel hat das internationale Publikum, welches sich hier in Basel trifft und erreicht wird, gegeben. Man wollte das Fachpublikum abholen, das hier vor Ort ist. Einige Jahre lang wurde die Design Miami/Basel beobachtet und die interessanten Verbindungen und Kombination zwischen dem Kunst- und dem Designpublikum evaluiert. Letztes Jahr war dann unser Debut hier in Basel zur Art und gemeinsam mit den Swiss Art Awards: in einer Woche hatten wir 9000 Besucher, viele davon aus dem internationalen Kontext. Das bot den Ausstellenden die Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen und zu netzwerken. Es lohnt sich sehr, auch wenn die Ausstellungszeit sehr kurz ist – eine knappe Woche nur. Und es ist eine grosse Herausforderung und es ist auf jeden Fall was anderes als zuvor, als die Swiss Design Awards im Kontext eines Museums, mit Ausstellung, Rahmenprogramm und gedrucktem Katalog verankert waren.

… die Jury…

Die Jury besteht aus der vom Bundesrat gewählten Eidgenössischen Designkommission. Mit den Kommissionsmitgliedern arbeite ich das ganze Jahr über zusammen, das sind sehr wichtige Bezugspersonen. Die Eidgenössischen Designkommission berät das BAK in allen Fragen der Designpolitik. Wir laden zusätzlich Experten aus dem Ausland ein, weil es uns sehr wichtig ist, dass der unbefangene Blick von außen bleibt. Diese externen Mitglieder werden manchmal jährlich gewechselt, manchmal ist die Gruppe so gut, dass wir sie erneut einladen. Dieses Jahr war Catherine Ince aus London zum zweiten Mal dabei. Man diskutiert dann wirklich auf einer Ebene, die viel weiter reicht als nur Schweiz und stellt so zum Beispiel fest, was woanders nicht mehr ‚neu’ ist. Es öffnet eine Übersicht.

Viel Spass in der Ausstellung und bei dem Entdecken der SDA 2014!

SWISS DESIGN AWARDS 2014 IN ZAHLEN

Für die diesjährige Ausgabe des 1918 initiierten Preises wählte die Eidgenössische Designkommission aus 252 eingereichten Dossiers von 303 Personen – 43% Frauen und 57% Männer – 49 Projekte von Schweizer und Schweizerinnen und in der Schweiz lebenden DesignerInnen für die zweite Runde aus.

Auf Empfehlung der Eidgenössischen Designkommission werden in diesem Jahr 20 Designerinnen und Designer in den Bereichen Fotografie (3), Grafikdesign (9), Mode- und Textildesign (4), Produkte und Objekte (4) prämiert.

Die jüngste Person unter den Nominierten
 ist 1991 geboren (Guillaume Jean-Mairet, Grafik), die zwei ältesten 1965 (Alberto Vieceli, Grafik / Georg Lendorff, Szenografie).
 Das Durchschnittsalter der Teilnehmer und Teilnehmerinnen liegt bei 32 Jahren.

Unter den ausstellenden Designschaffenden befinden sich 34% Frauen sowie 66% Männer. Von den 20 vergebenen Preisen wurden acht an Designerinnen verliehen.