
03 June 2015
Kathrin Grossenbacher hält es wie Margot S. Baumann zum Sprichtwort ‘Das Rad kann man nicht neu erfinden’: «…wir können nur noch ein wenig daran drehen. Das Rad steht demnach nicht still.» Für ihre aktuelle Kollektion hat Grossenbacher sich mit unserem Konsumverhalten auseinandergesetzt. Die Outfits, die sie bei den Swiss Art Awards zeigt, entstanden aus der Beschäftigung mit verschiedenen Sitzpolstern, die beim Autokauf als Extrapaket angeboten werden.
Mit welchen Prioritäten bist du aktuell in Deiner Praxis konfrontiert und wie gehst du diese an? Mit anderen Worten – welche kritischen Fragen kommen in deiner Arbeit immer wieder hoch?
Der ‹Extra›-Wahn regiert unser Konsumverhalten: Es existieren unzählige – zu viele – Produkte mit dem Versprechen ‹extra› in unserer Welt. Ausgangspunkt meiner Kollektion und meiner weiteren Arbeiten ist die Frage: Wie kann ich mich vom ‹Extra›-Wahn abheben? Unter dem Begriff ‹Extra› bin ich auf der Suche nach dem Eigentlichen, das dem Design eine unvergleichliche Note geben soll. Was ist das ‹Extra› eines Ganzen? Wie muss eine Kollektion beschaffen sein, damit es mir gelingt, mich gegen Beliebigkeit und Austauschbarkeit abzugrenzen – und zwar von anderen Produkten, die mit eben diesem Anspruch auf dem Markt sind. Liest man Extra von hinten nach vorne so erscheint ‹Art Xe›. ‹Art›, Englisch für Kunst, und ‹xe› beziehungsweise ‹gseh› aus dem Schweizer Dialekt für ‹gesehen›. ‹Art Xe› ist für mich das neue andere ‹Extra›, welches nicht mehr nur ein additives Mehr sein soll, sondern das künstlerisch- kunstvolle Andere, das dem Ganzen einen besonderen Ausdruck verleiht.
„Doubt, Delight and Change!“ – war ein Motto von Cedric Price (ein unkonventioneller Architekt, dessen Architekturvisionen weniger gebaut als diskutiert und rezipiert wurden, und so einer der einflussreichsten Architekten des späten 20. Jahrhundert werden sollte). Was ist dein Motto und warum?
“Es ist egal, was du anziehst!“ ist mein Anspruch und zugleich Zuspruch an die Menschen. Mit „egal „ meine ich die Absage an jegliches Diktat und alle Trends. Mode darf nicht uniform, egalitär im Sinne von vereinheitlichend daherkommen. Mode braucht den Raum der Freiheit des kreativen Denkens und Schaffens. Darum muss auch der Begriff ‹ Mode › immer neu reflektiert werden, damit er die Weite des Raums nicht einengt, den er offen halten soll. Nur so wird Mode nie gleichgültig, sondern wird zu jeder Zeit bedeutend und aussagekräftig bleiben.
Und was wir wirklich wissen möchten: was ist dein wertvollstes Eigentum?
Zur Zeit würde ich sagen, meine zehn Jacken: mein erstes Kleid Teil, welches ich in Produktion gegeben habe. Eben habe ich sie erhalten. Es handelt sich um eine limitierte Auflage, dies ist nur einer von vielen Aspekten, die die Jacke Extra macht.


Kathrin Grossenbacher hat eine Website, auf der ihr mehr von ihrer Arbeit sehen könnt.